Nationalsozialismus

Von Noëlle Borer und Ron Korak

Sekundarstufe I

Über den Nationalsozialismus wissen die Schülerinnen und Schüler einiges und unterschiedlich viel. Meist sind sie am Thema interessiert, bisweilen sind sie dessen sogar überdrüssig. Aus beiden Gründen, unterschiedlicher Wissensstand und unterschiedliches Interesse, bietet sich die Behandlung des Themas in einer anspruchsvollen Werkstatt an. Auch inhaltlich bietet sich eine Werkstatt an, denn innerhalb des Themas laufen ja viele Aspekte parallel. Wir greifen heraus: Errichtung der Diktatur, Jugend, Propaganda, Ausgrenzung und Hintergrund. 

Ausgeklammert bleibt dabei aber das Thema «Holocaust», weil es einer präziseren Führung durch Sie bedarf. Auch das Thema «Zweiter Weltkrieg» wird ist nicht Teil der Werkstatt. Der Zweite Weltkrieg war zwar durch das nationalsozialistische Regime ausgelöst, aber hat letztlich Folgen gehabt, die eine eigene Unterrichtseinheit rechtfertigen. Voraussetzung für die Werkstatt ist die Kenntnis der Weimarer Repbulik, der Weltwirtschaftskrise und des Aufstiegs der NSDAP zur Macht. An diesem Punkt kann sie einsetzen.

Die Werkstatt bietet Arbeit für fast 8 Arbeitsstunden oder 12 Lektionen, worunter die Schülerinnen und Schüler aber auswählen können sollten. Sie können 4 bis 8 Lektionen damit abdecken, selbstverständlich auch Hausarbeit einschliessen. Es empfiehlt sich, gewisse Posten für obligatorisch zu erklären.

Dieser Bereich der Werkstatt enthält die grundlegenden historischen Informationen über die Entwicklung und Ausprägung der nationalsozialistischen Diktatur. Er sollte von schwächeren oder noch gar nicht informierten Schülerinnen und Schülern mit Vorteil zuerst, muss aber nicht von allen ganz durchgearbeitet werden.

Posten 1: Übersicht

Der darstellende Text gibt den Schülern und Schülerinnen eine Übersicht über den äusseren Ablauf bei der Einrichtung der nationalsozialistischen Diktatur.

Posten 2: Überlegungen

Dieser Posten basiert auf den im Posten zuvor verarbeiteten Informationen, worauf die Schülerinnen und Schüler hingewiesen werden. Sie sollen sich selbst überlegen, mit welcher Haltung die Bevölkerung die sich entfaltende Diktatur aufgenommen hat. – Als Erweiterung können sie das eigene Ergebnis in Partner- oder Gruppenarbeit diskutieren.

Posten 3: Euphemismen

Die Schülerinnen und Schüler arbeiten an diesem Posten mit der Aufschlüsselung von Euphemismen (ein Begriff, der stufengerecht erklärt wird). Sie lernen dabei verschiedene Eigenschaften der nationalsozialistischen Diktatur kennen. Der Posten stellt einen Übergang zum Bereich Propaganda dar.

Mit der Jugend im Nationalsozialismus können sich die Schülerinnen und Schüler leichter identifizieren, auch wenn natürlich zwischen der heutigen und der Jugend von vor 80 Jahren bedeutende Unterschiede liegen. Von den vier Werkstattposten drehen sich die ersten zwei um die Organisation der Knaben und Mädchen in Hitlerjugend und dem Bund Deutscher Mädel und den je angeschlossenen Organisationen, zwei beschäftigen sich mit der Frage, was die Faszination ausmachte und wie die Jugend verführt wurde.

Posten 1: Hitlerjugend

Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten am Beispiel von zwei Erinnerungen und zwei Bildern die Innensicht von Jugendlichen in der Hitlerjugend.

Posten 2: Mädchen- und Frauenorganisationen

Am Beispiel der Mädchen- und Frauenorganisationen erfahren die Schülerinnen und Schüler wie lückenlos das Leben der Menschen organisiert und erfasst wurde.

Posten 3: Bildquellen

Mit welchen Zielen und Propagandamitteln die Führung die Jugendorganisationen steuerte und (miss)brauchte erarbeiten die Schülerinnen und Schüler an diesem Posten ausschliesslich mit Bildquellen-Interpretationen. Von Vorteil ist es, wenn Sie die Bildvorlagen farbig ausdrucken können; allenfalls können sie in Farbe über den Beamer gezeigt werden.

Die Propaganda im Nationalsozialismus stellt nicht nur ein historisches Phänomen dar, sondern auch ein Quellenproblem: Sie prägt die Text- und noch mehr die Bild- und Filmdokumente, die uns zur Verfügung stehen. Deshalb wird dieser Werkstattbereich eingeleitet durch eine quellenkritische Arbeit auf stufengerechter Form.Die Propaganda schlägt sich auch in anderen Werkstattposten wie dem Posten 32.1.3 (Euphemismen) oder 32.2.3 (Propaganda in Bezug auf die Jugend) nieder.

Posten 1: Quellen

Die Schülerinnen und Schüler erleben, wie unterschiedlich sich Hitler zu gleichen Themen und zur gleichen Zeit äussert, je nach dem welche Absichten er damit verbindet. Im Vergleich von zwei Quellen in Partnerarbeit wird ihnen die Bedeutung einer (vereinfachten) historischen Quellenanalyse deutlich.

Posten 2: Stilmittel

Die Schülerinnen und Schüler analysieren ein ganz kurzes Zitat von Hitler im Hinblick auf die Stilmittel, die er dabei verwendet. Diese Stilmittel werden in vereinfachter Form beschrieben

Das belastende Thema kann nicht völlig im Rahmen einer Werkstatt behandelt, sondern soll hier im Hinblick auf die Unterrichtseinheit nur von der politischen Seite des nationalsozialistischen Regimes her angeschnitten werden. Die verschiedenen Perspektiven von Opfern und Tätern und Täterinnen und Zuschauenden werden in der nächsten Unterrichtseinheit thematisiert.

Posten 1: Rollenspiel

Die Schülerinnen und Schüler spielen eine Familie im Jahr 1934 und diskutieren und entscheiden die Frage, ob sie einen Beitrag an die «Winterhilfe» leisten wollen. Die Ergebnisse halten die Gruppen in einem Protokoll fest, das beim Posten verbleibt und das Sie zum Schluss im Plenum auswerten können, ev. als Überleitung zum Thema Holocaust.

Posten 2: Überblick

In Einzelarbeit verschaffen sich die Schülerinnen und Schüler einen Überblick darüber, wie die NSDAP-Diktatur Menschen schrittweise ausgrenzte und isolierte, bevor sie sie vernichtete. Sie werden darauf hingewiesen, dass die Frage nach der Haltung und nach den Gefühlen der Menschen ausgeklammert sind.

Posten 3: Flüsterwitze

Durch die Analyse von meist jüdischen Flüsterwitzen erfahren die Schülerinnen und Schüler ansatzweise, wie sich die Verfolgten fühlten und wie sie mit der Situation umgingen. Die Witze sind dabei keineswegs repräsentativ, denn sie spiegeln nur die Lage derjenigen, die noch lachen konnten und nicht unmittelbar vor der Vernichtung standen.

Kapitel 4: Geschwister Scholl

Der Widerstand wird hier auf die Geschwister Scholl fokussiert, weil sie von ihrer Handlungsweise her von den Schülerinnen und Schülern verstanden werden können: Es handelt sich um einen empörten Protest, im Bewusstsein das Richtige zu tun und alle Konsequenzen dafür zu tragen.
Der Film «Die weisse Rose» ist in Deutschland für Kinder ab 12 Jahren freigegeben; trotzdem wird die Hinrichtungszene nicht gezeigt. Genaueres entnehmen Sie dem Protokoll der Filmhandlung. Die DVD mit drei Filmausschnitten können sie hier beziehen.

Dieser Bereich der Werkstatt ist für fortgeschrittene Klassen, vielleicht auch erst nach der Behandlung des Themas Holocaust, gedacht. Er soll ihnen zeigen, dass der Nationalsozialismus zwar ein aussergewöhnliches Phänomen darstellt, aber in seinen Grundzügen durchaus im europäischen Denken verwurzelt und an die Notwendigkeit, die Menschen zufriedenzustellen, gebunden war. Die Schülerinnen und Schüler sollen auch erkennen, dass es auch heute, sechzig Jahre nach dem Nationalsozialismus, verschiedene Ansichten darüber gibt (die revisionistischen werden aber nicht berücksichtigt).

Posten 1: Rassenlehre

Am Beispiel eines einzigen Vorläufers der vom Nationalsozialismus ins Zentrum gestellten Rassenlehre erfahren die Schülerinnen und Schüler, dass die nationalsozialistische Ideologie kein absoluter Fremdkörper in der europäischen Entwicklung darstellt, dass er sich aber durch seine brutale Handlungsweise von den Theorien abhob.

Posten 2: Informationstexte

Die Schülerinnen und Schüler stellen aufgrund eines kurzen, einfachen Informationstextes zusammen, wie man sich in den letzten siebzig Jahren den Erfolg des nationalsozialistischen Regimes erklärt hat. Das Ergebnis der Besprechungen zur Aufgabe 3 kann nachher ins Plenum eingebracht werden.

Kapitel 3: Gefälligkeitsdiktatur

Anhand eines wissenschaftlichen, vereinfachten Textes vergegenwärtigen sich die Schülerinnen und Schüler, in welchem Mass der Nationalsozialismus seinen Erfolg einem riesigen Schuldenberg verdankte, den er dank des diktatorischen Regimes aufhäufen konnte, der aber auch immer mehr eine brutale und aggressive Politik zur Folge hatte. Dieser Posten wird mit Vorteil nach dem Posten 5.2 angegangen.

×