Zweiter Weltkrieg

Eine Unterrichtseinheit von Hans Utz

Das Thema interessiert die Lernenden. Zu fragen ist nach Ursachen, Wirkungen, verpassten und realisierten Chancen, nach Schuld und nach dem Weiterleben nach der kollektiven Katastrophe.
Die Unterrichtseinheit versucht vielen Aspekten gerecht zu werden, aber sie auch zu hinterfragen. Sie setzt sich auch auseinander mit der Geschichtskultur, die gerade in diesem Thema besonders grossen Einfluss hat: die Schülerinnen und Schüler wissen schon viel über den Krieg, vielleicht nicht immer das, worüber wir nachdenken müssen.

Ein Überblick findet sich in vielen Lehrmitteln, gestützt durch einen fortlaufenden Text und Karten. Wenn hier für einmal Schlüsselbilder (besonders bekannte Fotografien) im Zentrum stehen, so deshalb, weil Karten leicht den Blick aus der Vogelschau, den Blick der Feldherrn am Kartentisch, dominieren lassen und weil ein Text die Illusion vermittelt, diese grösste menschengemachte Katastrophe lasse sich als roter Faden von Ursachen und Wirkungen darstellen. Natürlich werden die Schlüsselbilder durch Karten ergänzt und durch Texte miteinander verbunden. Aber sie sollen es auch ermöglichen, dass die Schülerinnen und Schüler sich zuerst den Menschen im Krieg nähern.

Der Weltkrieg wird paradoxerweise als Weltkrieg bezeichnet, aber dann vor allem als europäisches und teilweise noch pazifisches Ereignis verstanden, also in erster Linie von Europa aus betrachtet. Zwar hat ihn Deutschland und Japan verschuldet und zwar fanden die Hauptschlachten auf und um den eurasiatischen Kontinent statt, aber mitgetragen hat ihn die ganze Welt!

Dies soll an vier Blitzlichtern soll veranschaulicht werden. Sie können beliebig daraus herauspicken, die Schülerinnen und Schüler können sich auch in arbeitsteiligen Gruppen oder in Form einer kleinen Werkstatt darin vertiefen.

Der Zweite Weltkrieg entwickelte sich zum totalen Krieg, bei dem auch die Zivilbevölkerung der kriegführenden Staaten ein Kriegsobjekt wurde. Dies war umso verhängnisvoller, als gleich wie im Ersten Weltkrieg nicht mehr der Sieg, sondern die Vernichtung des Feindes zum Ziel geworden war. Der «Totale Krieg» enthält also den Genozid, den Völkermord, in sich.

Die Entwicklung dazu wird hier in zwei Stufen dargestellt: Dem Vernichtungskrieg vornehmlich auf dem Boden im Russlandfeldzug als erster Stufe und dem Bombenkrieg aus der Luft als zweiter Stufe. Nicht berücksichtigt wird Goebbels Rede über den Totalen Krieg, weil die Fakten wichtiger sind und dieser Propaganda wohl nicht noch mehr aufgesessen werden soll.

Die dritte Stufe, der übergang zum möglichen globalen Krieg mit der Atomwaffe, der sich mit den Bomben auf Hiroshima und Nagasaki ankündigt, wird im Kapitel Kalter Krieg, Wettrüsten behandelt.

Der Zweite Weltkrieg bedeutete nicht nur eine Entwicklung der Kriegstechnik, sondern stellte auch einen markanten Schritt auf dem Weg in die heutige Informationsgesellschaft dar: Information als Propaganda wurde erkannt als Waffe und dementsprechend auf dem Schlachtfeld und bei der Zivilbevölkerung eingesetzt. Information als Nachricht wurde in ihre Bedeutung erkannt und dementsprechend geheimgehalten bzw. von der Gegenseite zu entschlüsseln versuch.

Das komplizierte Thema wird hier vor allem an konkreten Quellen dargestellt, an denen die Schülerinnen und Schüler beide Seiten dieses Informationskrieg in einem handfesten Bereich herausarbeiten können.

Definition

Eine Definition des Weltkrieges als Ursprung der Informationsgesellschaft vermitteln Sie den Schülern und Schülerinnen für einmal als reine These, die sich erst danach mit Anschauung füllt.

Propaganda

Propaganda mit Worten: Die sich entsprechenden Reden von Churchill und Hitler im Mai/Juli 1940 lassen die Schülerinnen und Schüler an Texten herausarbeiten, wie die Kontrahenten ihre Position gegenüber der anderen rechtfertigen. Die Schülerinnen und Schüler können in Partnerarbeit einen Vergleich ziehen. Als Ergänzung eine demagogische Auseinandersetzung.

Verschlüsselungsmaschine

Am Beispiel der deutschen Verschlüsselungsmaschine und ihrer Entschlüsselung versuchen die Schülerinnen und Schüler die Gegenseite des Informationskrieges, die Geheimhaltung, zu verstehen.

Informationen

Kriegsentscheidende Informationen: An zwei Beispielen erfahren die Schülerinnen und Schüler, wie die Informationen sich kriegsentscheidend auswirken konnten.

V-Mail

V-Mail als Vorläufer des E-Mail: Durch das Entschlüsseln eines amerikanischen Inserates entdecken die Schülerinnen und Schüler eine verblüffende Parallele zur heutigen Informationsgesellschaft.

Das Ende des Zweiten Weltkrieges wird von den Schülern und Schülerinnen nach den Niederlagen als folgerichtig hingenommen. Die Geschichte setzt dann wieder ein mit dem Beginn des Kalten Krieges, der ja tatsächlich viele Themen des Kriegsendes überschattet und später verdrängte.

Obwohl die Unterrichtszeit knapp ist, wird doch hier versucht, einen Übergang in den Kalten Krieg zu finden und vor allem auch einige Gedankenanstösse zur Frage nach der Einordnung dieser grössten Katastrophe und nach den Lehren, die sich daraus ergeben könnten, zu vermitteln. Die Erinnerungen an den Krieg stehen heute stark im Zentrum der Forschung.

Die Themeneinheit ist eher für fortgeschrittenere Klassen gedacht und angelegt.

Lösungen

Die Schülerinnen und Schüler denken sich Lösungen für vier geschilderte Probleme bei Kriegsende aus und vergleichen diese mit dem effektiven Ablauf der damaligen Geschichte.

Kriegsverbrechen

Die Auseinandersetzung mit den Kriegsverbrechen wird konkretisiert und vertieft. Durch Text- und Bildanalyse erkennen die Schülerinnen und Schüler die mit dem Hauptkriegsverbrecher-Prozess verbundenen Absichten. An Frau Vaillant-Couturiers Aussagen erkennen sie den Zusammenhang zwischen Weltkrieg und Genozid und erhalten Einblick in die Erinnerungsarbeit des Prozesses.

Überlebende

Die Schülerinnen und Schüler stellen (ev. in Arbeitsteilung) als Mindmap zusammen, wie 15 Überlebende der Juden- und Jüdinnenverfolgungen im heutigen Weissrussland mit ihren Erinnerungen und Erzählungen umgehen. Die Beziehungen zu einem Denkmal können Sie als Vertiefung oder Illustration beiziehen.

Joe Polowsky

Eine Erinnerung, die ein Leben prägte, ist der Schwur an der Elbe: Die Begegnung mit den Sowjets veranlasste Joe Polowsky, sein Leben in den Dienst der Erinnerung und für den Frieden auszurichten. Die SchülerInnen stellen sich selbst Fragen zu einer berührenden Geschichte.

Dan Diner

Zur Abrundung können sich interessierte Klassen mit der Sicht von Dan Diner auf den Zweiten Weltkrieg befassen: Er sieht ihn als Bürgerkrieg im Weltmassstab, der grausamer als ein Krieg bis zur bedingungslosen Kapitulation ausgetragen wurde, weil wie in einem Bürgerkrieg die beiden Ideologien nicht mehr nebeneinander bestehen konnten. Diese Gedanken versuchen die Schülerinnen und Schüler zu erfassen und zu diskutieren.

Diese Unterrichtseinheit ist eine offene Werkstatt und ein Steinbruch: Die Schülerinnen und Schüler sollen ermutigt werden, selbst ein Schicksal während des zweiten Weltkrieges zu recherchieren und es über die History Helpline andern zur Verfügung, aber auch aus Aufgabe zu stellen. Beiträge nehme ich gerne entgegen, überarbeite sie gegebenenfalls in Rücksprache mit der Klasse und füge sie hier an.

Die Aufgabe besteht also nicht darin, eine Geschichte zu erschliessen, sondern eine Geschichte zu erzählen. Damit die Klasse in solche Schicksale Einblick nehmen kann, hier einige Beispiele:

Wissen

Was wissen wir über die Kinder im Zweiten Weltkrieg generell? Ein kürzlich erschienenes Buch beschäftigt sich (für den europäischen Kriegsschauplatz) mit Kindern auf der Seite der Besiegt und Sieger. Originalauszüge aus diesem reichen Werk können gelesen und diskutiert, in Rollen verteilt oder vor einer supponierten Kommission für Kinderrechte behandelt werden. Beigezogen werden kann auch Gertrud Rogges Bericht über die Bombardierung Dresdens, die sie als Kind erlebte.

Versager

Versager? Hier sind die Schicksale von drei Männer unterschiedlicher Dienstgrade und Nationalität versammelt, denen gemeinsam ist, dass sie im Krieg irgendwie versagten: General Friedrich Paulus, Soldat Anton Brandhuber und Soldat Edward Slovik. Was ist ihnen gemeinsam, was unterscheidet sie?

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